Hollywood Helden aus dem Gundeli treffen auf Holbein & Co.

    Basel Short Stories im Kunstmuseum – «Storytelling» einmal anders

    Menschen sind fasziniert von Geschichten. Der Begriff «Storytelling» ist in aller Munde. Und auch das Kunstmuseum Basel hat in der Ausstellung «Basel Short Stories» eine Menge wunderbarer Geschichten zu erzählen. Manche davon sind sogar «echte Primeurs» und Trouvaillen.

    (Bilder: zVg) Kurator Dr. Josef Helfenstein und sein Team sind besonders stolz, nebst Holbeins «Toter Christus» auch die Aluminium Skulptur von Charles Ray ausstellen zu dürfen.

    Geschichten hören und erzählen – das wollen Menschen seit Urzeiten. Gutgemachte – und gut erzählte – Stories ermöglichen uns, Situationen gedanklich zu durchleben, verschiedene Perspektiven auszumachen, Ursachen und Folgen zu reflektieren – letztlich Erkenntnisse zu bilden und weiterzugeben. Geschichten, anschaulich verpackt und emotional aufgeladen, wecken unser Interesse und bleiben nachhaltig in Erinnerung.

    Nach diesem Muster funktioniert auch die Ausstellung «Basel Short Stories». Sie richtet ihren Blick auf die umfangreiche und in mancher Hinsicht weltberühmte Sammlung des Kunstmuseums Basel. Dies mit der Absicht, auch weniger bekannte Aspekte der Bestände in neuen Zusammenhängen aufzuzeigen. Das Besondere daran: Die Ausstellung ist kontrastreich. Darstellungen wie beispielsweise jene des Eislauf-Slapstick Duos «Frick and Frack» bieten via kurzweiligen Bild-, Film- und Textsequenzen Geschichten zum Anfassen aus längst vergangenen Zeiten. In dem für den einen oder anderen bisweilen etwas «unnahbar» anmutenden Kunstbereich setzen sie wohltuend alltagsnahe Akzente.

    Bekannte, vergessene, illustre, welthistorische und… grotesk-komische Werke
    Projektionsfläche und Hintergrund der «Short Stories» bilden bekannte wie vergessene, private und welthistorische, illustre und zum Teil groteske Aspekte aus der Geschichte der Stadt Basel, die anhand der Bestände des Kunstmuseums unterhaltsam wie reflektiv durch die Ausstellung führen. Auch auf diesem Wege zeigt das Kunstmuseum Basel mal wieder das volle und mannigfaltige Potenzial der Öffentlichen Kunstsammlung Basel. Zum Zuge kommen in spannend zusammengestellten Ereignisräumen der Humanist Erasmus von Rotterdam, der Historiker Jacob Burckhardt, LSD-Entdecker Albert Hofmann, der Friedenskongress 1912, der Künstler Hans Holbein, die Frauenrechtlerin Iris von Roten, die Zeichnerin und Forscherin Maria Sibylla Merian und schliesslich auch das Komikerduo «Frick and Frack».

    Eine besondere «Short Story» – «Frick and Frack» us em Gundeli machten in Hollywood Karriere, blieben bei uns aber weitestgehend unbekannt.

    «You are like Frick and Frack»
    Einst im Gundeli aufgewachsen, zog es Werner Groebli (1915–2008) und Hansruedi Mauch (1919–1979) nach Hollywood, um dort Karriere zu machen. In Basel und in der Schweiz nahezu unbekannt, wurde sie dort zu echten Filmstars. Zwei Komödien – «Silver Skates» (1943) und «Lady, Let’s Dance» (1944) – machten sie so berühmt, dass sogar eine typisch amerikanische Redewendung nach ihnen benannt wurde: «You are like Frick and Frack» bezeichnet entweder zwei Leute, die sich unverwechselbar ähneln, oder – abwertend – zwei Dummköpfe.

    Groebli und Mauch wurden bei einem Varieté auf der 1936 neu erbauten Kunsteisbahn Margarethen entdeckt. Ihre besondere Kreation aus Akrobatik und Komödie hatte Wirkkraft. Und sorgte gar für einen politischen Eklat: Die parodistische Einlage auf Italiens Interventionen in Äthiopien brachten den italienischen Konsul dazu, eine Vorführung aus Protest vorzeitig zu verlassen. In Aufführungen in Davos und London um 1939 wurden die beiden Gundeli-Jungs zu kleinen Stars und wagten den Sprung in die USA, wo sie sich fortan «Frick and Frack» nannten.

    Neun Ereignisräume zum «Eintauchen»
    Im Team um Kurator Dr. Josef Helfenstein ist man deswegen besonders stolz, diese «Basler Short Story» entdeckt zu haben. Schliesslich sind die «Frick und Frack»-Geschichten bei uns schier in Vergessenheit geraten. Zudem bilden sie einen willkommenen Kontrast zu den acht anderen Ereignisräumen, welche die «Basel Short Stories»-Ausstellung präsentiert. Werke grosser Künstler stellen gekonnt Bezugssysteme zu den Bestandteilen der «Frick und Frack»-Story her; Max Beckmann oder Ernst Ludwig Kirchner nehmen etwa die Thematik des Schlittschuhlaufens und der Akrobatik auf. Walter Kurt Wiemken oder Paul Klee setzen die clownesken Bezüge zu Groebli und Mauch. Durch Werke von Andy Warhol und Danh Vo wird ausserdem im Frick-und-Frack-Raum Nordamerika als Land der unbegrenzten Möglichkeiten thematisiert.

    JoW

    Die Ausstellung im Kunstmuseum Neubau am St.Alban Graben 20 dauert vom 10.2.2018 bis zum 21.5.2018.

    Ein Highlight sondergleichen: Der tote Christus im Grab von Hans Holbein d. J. (1521–1522, Öl auf Lindenholz)
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