«Unsere Therapien werden immer individueller!»

    Krebspatientinnen und -patienten erleben am Unispital Basel höchste medizinische und pflegerische Qualität. Auch im Dienstleistungsbereich ist das Tumorzentrum top. Als einziges Spital der Region ist das Universitätsspital Basel mit dem europaweit anerkannten Label der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert worden. Prof. Frank Zimmermann, Chefarzt Radioonkologie am Tumorzentrum des Universitätsspitals Basel, informiert über seine Tätigkeit, neue Therapien und Heilungschancen.

    (Bild: zVg) Prof. Frank Zimmermann, Chefarzt Radioonkologie am Tumorzentrum des Unispitals Basel: «Wir wollen möglichst umfänglich über die aktuellen Entwicklungen bei Untersuchungen und Behandlungen von Krebserkrankungen informieren und damit Ängste abbauen.»

    Das Tumorzentrum des Universitätsspitals Basel lud anfangs Februar zum Infotag. Was steckt dahinter und wie rege war die Beteiligung?
    Prof. Frank Zimmermann: Wir führen jedes Jahr Veranstaltungen für unsere Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen durch, um möglichst umfänglich über die aktuellen Entwicklungen bei Untersuchungen und Behandlungen von Krebserkrankungen zu informieren. Ziel ist eine möglichst objektive Information, da sich im Internet doch immer wieder verwirrende Aussagen finden. Wir wollen offene Fragen der Teilnehmer/innen beantworten, unnötige Sorgen abbauen, zur Vorbeugung durch gesunde Ernährung und Bewegung und zur Früherkennung anregen. Wenn wir alle uns «vernünftiger» verhalten, können wir die Häufigkeit der Krebserkrankungen verringern und die Heilungschancen verbessern. Insgesamt haben 2661 Interessierte aus zehn verschiedenen Ländern unsere Seite aufgerufen, um die Vorträge unsere Referenten des Krebsinfotages 2021 online anzusehen.

    Der Infotag 2021 stand unter dem Thema «Den Krebs überleben». Wie gross sind heute die Chancen, diese schwere Krankheit zu überstehen?
    Die Aussichten, eine Krebserkrankung für immer oder zumindest sehr lange zu überleben, haben sich in den letzten zehn Jahren um acht Prozent gebessert. Mit heutigen Therapien wird mehr als jede zweite betroffene Person geheilt. Doch leider gibt es immer noch bösartige Tumore, an denen mehr als 80 Prozent der Betroffenen versterben. Auch diese Personen sollen stets gut betreut und begleitet werden.

    Mit unserer Veranstaltung wollten wir ebenfalls darauf hinweisen, dass ein lebenswertes Leben auch erreicht werden kann, wenn eine Heilung nicht möglich ist: die Erkrankung kann im Körper bleiben oder die Folgen der Krebstherapie bleiben spürbar, aber die Betroffenen sterben nicht daran, sondern wir halten die Erkrankung und die Beschwerden mit vielfältigen Therapien im Zaum. Wir erreichen eine gute Lebensqualität und ein erfülltes zufriedenes Leben. Daran wollen wir in Zukunft gemeinsam mit unseren Patient/innen und deren Angehörigen noch intensiver arbeiten.

    Wieso sind Tumorpatienten am Tumorzentrum des Universitätsspitals Basel gut aufgehoben?
    Der grosse Nutzen unseres Tumorzentrums ist die umfängliche Besetzung mit Spezialist/innen in allen Bereichen, die sich sofort untereinander für eine optimale Betreuung abstimmen und Betroffene auch gemeinsam beraten können. Es werden Operationen und Strahlenbehandlungen von Kopf bis Fuss mit hoher Expertise angeboten, ebenso alle Formen der medikamentösen Tumortherapie von der Chemotherapie über die Antikörper- bis hin zur Immuntherapie. Und daneben alle sinnvollen Formen der Pflege, Ernährung, physikalischen Therapie, psychologischen Betreuung und umfänglichen Betreuung unter Einbeziehung von Angehörigen. Im Vordergrund steht allerdings der gemeinsame Entscheid für die richtige, passende Tumortherapie gemeinsam mit unseren Patient/innen und deren Angehörigen.

    Sie leiten seit 2007 als Chefarzt die Arbeit der Klink für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsspitals Basel. Können Sie Ihre Tätigkeit kurz erklären?
    Sehr gerne! Jeden Morgen sehen wir uns im Team die Behandlungspläne aller neuen Patient/innen in unserer Strahlenklinik an, um den individuell optimalen Plan festzulegen. Danach erfolgen persönliche Beratungen von Patient/innen über die anstehenden Therapien, den Ablauf und die Technik der Strahlentherapie, mögliche Nebenwirkungen und den Nutzen der Therapie. Im weiteren Verlauf gibt es Vorlesungen und Kurse für Studierende, um sie an die Krebstherapie heranzuführen. Am Nachmittag beraten wir uns intern und mit den Spezialist/innen anderer Fachdisziplinen und anderer Berufsgruppen in Hinblick auf die beste Abfolge von Operationen, Strahlentherapie und medikamentöser Tumortherapie der Krebspatient/inne in unserem Spital oder in Partnerspitälern. Gegen Abend gibt es im Spital Besprechungen unter den Chefärzt/innen oder in der Universität unter den Professor/innen, um Schwerpunkte der Forschung und der Lehre festzulegen, um über die Zusammenarbeit mit anderen Kliniken und Arztpraxen zu beraten, und über die Entwicklung des Tumorzentrums. Lücken werden mit dem Beantworten von Anfragen via Mail, mit Vorbereitungen von Forschungsprojekten oder Vorträgen, und mit Sitzungsunterlagen gefüllt. Dies kann sich auch mal bis spät in den Abend ziehen.

    Sie erleben bei Ihrer Arbeit viele schwierige Situation und persönliches Leid. Wie gehen Sie damit um?
    Es stimmt, es gibt Schicksale, die auch uns zusetzen und uns länger bewegen. Unsere Patient/innen liegen uns sehr am Herzen, und solch einen Menschen zu verlieren, tut weh. Doch es tut gut, wenn wir helfen können. Mag es eine Krebsheilung sein, mag es eine Linderung von quälenden Beschwerden sein, ohne dass wir die Person retten können. Auch Teilerfolge zählen. Und wenn wir spüren, dass wir helfen konnten, und dies auch von unseren Patient/innen hören, dann hilft es enorm. Wir haben viele sehr schöne Rückmeldungen in all den Jahren erhalten, und das motiviert auch für die Zukunft.

    Die Krebsforschung ist von einer grossen Dynamik geprägt. Wie haben sich die Methoden und Therapieren zur erfolgreichen Bekämpfung der Tumore in den letzten Jahren verändert. Können Sie Betroffenen Hoffnung machen?
    Die Auswahl der Therapien wird von Jahr zu Jahr individueller, besser auf den Typ der Erkrankung und auf die erkrankte Person selber angepasst. Hatten wir früher für die Behandlung von Lungenkrebs nur eine Art von Operation, eine Bestrahlungstechnik und ein Medikament, so wurden all diese Verfahren weiterentwickelt und verbessert. Heutzutage haben wir unterschiedliche Operationsformen: je nach Lage und Grösse des Tumors, haben wir verschiedene Bestrahlungsverfahren, je nach Wachstumsmuster des Tumors, haben wir eine Fülle von Medikamenten je nach genetischem Tumortyp. Damit haben wir selbst beim sehr gefährlichen Lungenkrebs die Lebenszeit um Jahre verlängern können.

    Die neuartigen Immuntherapien haben die Tumortherapie revolutioniert. Was heisst das konkret für Betroffene?
    Für viele Patient/innen bedeutet dies einen Gewinn an Lebensqualität, da Nebenwirkungen von Chemotherapien vermieden werden können. Für andere bedeutet dies ein deutlich längeres Leben, so zum Beispiel bei Metastasen des schwarzen Hautkrebses. Und wir reden hier von Jahren an Lebensstrecke, für die die Betroffenen sehr dankbar sind, denn es sind Jahre mit einem guten Leben.

    Die Pandemie macht Ihre Arbeit nicht einfacher. Was sind hier die grössten Herausforderungen und wie meistern Sie diese?
    Die grösste Herausforderung war die Überzeugungsarbeit gegenüber unseren Patient/innen, dass sie trotz der Covid-19-Pandemie zur nötigen Krebstherapie zu uns kommen. Wir haben Verständnis, dass dies vor allem für die älteren, teilweise schwerkranken Personen schwierig war – dies wegen des täglichen Transportes in unsere Klinik. Es ist uns allerdings gut gelungen, sie trotz der Pandemie zu behandeln. Dies ist auf das hohe Vertrauen zurückzuführen, das die Patient/innen in uns und unser Angebot hatten und haben. Wir sind froh, dass es niemand unserer Patient/innen versäumt hat, und wir unsere Hilfe unverändert anbieten konnten.

    Ein immer wieder auftretender Nebeneffekt einer Krebserkrankung ist die Vereinsamung der Patientinnen und Patienten. Wie kann man die Tumorpatienten unterstützen, wieder aktiv am Leben teilzunehmen?
    Dies ist vor allem dann eine Herausforderung, wenn die Erkrankung oder die Therapien zu Entstellungen im Gesicht, zum Verlust der Mobilität oder zu chronischer Müdigkeit und Depression geführt haben. Eine gute Anbindung an ambulante Dienste, eine enge Anbindung an erfahrene Spezialisten, die Einbindung in Selbsthilfegruppen und ein Programm wie «Gemeinsam gegen den Krebs» mit einer Teilnahme am gesellschaftlichen Leben können hier helfen.

    Das Tumorzentrum des Universitätsspitals Basel ist mit dem europaweit anerkannten Label der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert worden. Damit wird bestätigt: Krebspatientinnen und -patienten erleben am Universitätsspital Basel höchste medizinische und pflegerische Qualität. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie und Ihr Team?
    Das Verfahren der Akkreditierung ist für uns stets auch eine Erinnerung, an jede Kleinigkeit in der Betreuung und Versorgung der Krebskranken zu denken. Und es ist uns ein Ansporn, den Anforderungen auch im folgenden Jahr wieder gerecht zu werden und eine umfängliche Betreuung mit hoher Qualität für jede/n einzelne/n Krebspatient/in anzubieten.

    www.unispital-basel.ch

    Interview: Corinne Remund

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